ORF-Kärnten: Slowenische Online-Redaktion. Selektive Themenauswahl?

Die deutschsprachige Mehrheitsbevölkerung nicht von Informationen ausschließen.

15.5.2020  ORF –   Die slowenische Online-Redaktion des ORF-Kärnten wurde vor 20 Jahren eingerichtet. Im Landesstudio Kärnten wird der Online-Auftritt von Dominik Hudl, Miran Kelih und Franz Rulitz betreut. „ Das Angebot umfasst die aktuelle Berichterstattung in slowenischer und deutscher Sprache unter Einbindung von Originaltönen und Videos“.1

Der Online-Auftritt sei einerseits ein zusätzliche Angebot für die Volksgruppe, andererseits aber auch in deutscher Sprache eine Informationsquelle für die Mehrheitsbevölkerung, die so mehr über die slowenische Volksgruppe erfahren konnte, sagt Marijan Velik, Leiter der slowenischen Abteilung.2

Anmerkung: Die Übersetzungen in die deutsche Sprache werden äußerst selektiv erstellt. Die Mehrheitsbevölkerung wird aus welchen Gründen auch immer lückenhaft informiert, nur wenige Meldungen werden in die deutsche Sprache übersetzt. Die Landespolitik ist daher oft uninformiert.
Ein Beispiel von vielen:
Am 18.1.2018 berichtete die Slowenische ORF- Online-Redaktion in slowenischer Sprache, dass der Staat Slowenien die Doppelstaatsbürgerschaft den Slowenen im benachbarten Ausland bereits seit dem Jahre 1991 anbiete. „Slowenien ist offener“ wird vom ORF-Kärnten in slowenischer Sprache im Zusammenhang mit der Diskussion um eine Doppelstaatsbürgerschaft der Südtiroler lobend hervorgehoben.3 Im Jahr 1991 wurde auch vom heutigen Kärntner Politiker (Team Kärnten) Lojze (Alois) Dolinar für jene Kärntner Slowenen, die dies wünschten, bereits die Doppelstaatsbürgerschaft ausdrücklich gefordert.4
Am 8.2.2018 fragte die Kronen Zeitung die 10 Spitzenkandidaten der Landtagswahl: Wie würden Sie reagieren, wenn die slowenische Regierung den Kärntner Slowenen die Doppelstaatsbürgerschaft anbieten würde? Alle 10 Spitzenkandidaten würden dieses Angebot, das in Wahrheit aber bereits seit 27 Jahren gilt, einhellig ablehnen. Exemplarisch dazu Landeshauptmann Peter Kaiser: „Genauso wie ich die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler für falsch erachte, ist das für mich ein No-Go“.5
Die ORF-Informationen in slowenischer Sprache werden von der Landespolitik also nicht verstanden oder nicht genützt. Eine konsensfähige Minderheitenpolitik würde aber eine umfassende Information voraussetzen.  
„Wie Radikale den Staat in der Krise schwächen wollen“, wird in der Presse thematisiert.6  Auch in Kärnten muss man erkennen, dass radikale Aktivisten bemüht sind, die Alpen-Adria-Region zu destabilisieren. Diesbezügliche Indizien sind auch aus der Tendenz der Online-Berichterstattung des ORF-Kärnten erkennbar. Die befürchtete Wirtschaftskrise mit wachsender Arbeitslosigkeit und sozialer Depression hilft den Extremisten. In Kärnten werden mit zunehmendem „Aktivismus“ Minderheitenfragen und das Thema Loibacher Feld propagandistisch für eine Destabilisierungsstrategie genützt. Bedenkliche Aktionen in den 1970er Jahren werden beispielhaft in Erinnerung gerufen. „Kein Protestmarsch, keine Demonstration und keine andere Aktion, das fehlt mir“, wird ganz offen gesagt. Paramilitärische Milizen formieren sich. An der Grenze zu Österreich spielt sich ein „staatspolitisch gefährlicher Vorgang“ ab.
Auch einige konsensorientierte Volksgruppenvertreter warnten bereits vor „jeglichem Nationalismus“ und konstatieren, dass es auch einer Gruppe von Kärntner Slowenen darum gehe, die „Stimmung aufzuheizen“ 

Die Landespolitik wird sich damit näher beschäftigen müssen. Die Slowenische Online-Redaktion müsste daher alle slowenischen Meldungen auch in deutscher Sprache veröffentlichen, damit die Mehrheitsbevölkerung und insbesondere die Entscheidungsträger des Landes diese Informationsquelle nutzen können. Damit würde der ORF-Kärnten im Hinblick auf den Objektivitätsgrundsatz dafür sorgen, dass der Mehrheitsbevölkerung Informationen aus der slowenischen Minderheit nicht vorenthalten werden können. Die „umfassende“ Information der Allgemeinheit und eine „objektive Auswahl“ von Informationen zählen gesetzlich zu den ORF-Kernaufgaben. Es ist auch vorgeschrieben, dass der ORF, und somit auch die Slowenische Abteilung, für die Förderung der österreichischen Identität und der regionalen Identität zu sorgen hat.7

Im Wege der Homepage www.volksabstimmung-1920.at wird im Jahr 2020 weiterhin der Versuch unternommen, Informationslücken betreffend die Minderheitenfrage und die Ethnisierung der Politik zu schließen.

Hinweis: In Laibach wurde im Jahr 2017 ein Mahnmal im Gedenken an alle Kriegsopfer und alle Menschen, die im Zusammenhang mit den Kriegen ihr Leben verloren hatten, errichtet. Es wird also sowohl der Opfer der Nationalsozialisten als auch der Opfer der Partisanen gedacht. Das Denkmal gilt als ein erster Beitrag zur endgültigen Versöhnung des slowenischen Volkes. In Kärnten fehlen vergleichbare politische Bemühungen.

 

Droht Kärnten im Jahre 2020 ein neuer Volksgruppenkonflikt?

 

 

1 KZ, 15.5.2020, S. 66.

2 https://volksgruppen.orf.at/slovenci/meldungen/stories/3048788/, 15.5.2020.

3 http://volksgruppen.orf.at/slovenci/stories/2890257/, 18.1.2018.

4 Naš tednik, 28.6.1991, LPD. Nr. 127/1991 (Übersetzung des Landespressedienstes).

5 Kronen Zeitung, 8.2.2018, S. 18; 11.2.2018, S. 14.

6 Die Presse, 20.5.2020, S. 7.

7 § 4 ORF-G.