Ferlach: 10. Oktober alternativ feiern!

Zur Volksabstimmung 1920: "Bleibt Entenhausen treu!"
Zur Volksabstimmung 1920: "Bleibt Entenhausen treu!"


Info Nr. 83

10.10.2024  Ferlach – Straßenfest, 10. Oktober alternativ feiern! Veranstalter: Prof. Daniel Wutti (Pädagogische Hochschule), AK Freiheit-Svoboda, Kindergartengasse 5, 9170 Ferlach/Borovlje.

Den 10. Oktober anders feiern! Die Erinnerung an das Plebiszit von 1920 ist in Südkärnten seit jeher deutsch, nationalistisch und kriegerisch geprägt“, so Daniel Wutti in der Postwurfsendung.
Der Folder enthält eine Originalgrafik aus dem „Kladivo“ Oktober 1970: Eine Donald Duck -Figur mit einem „Stimmzettel“ in der Hand „Bleibt Entenhausen treu!“. Das Projekt wird vom Land Kärnten finanziell unterstützt, worauf vom Veranstalter ausdrücklich hingewiesen wird.1 Zuständig ist LH Peter Kaiser.
Der alternative 10. Oktober sei ohne braune Anzüge und Dirndlkleider verlaufen. In vielerlei Hinsicht erinnerte er an die Oktober-Arenen der 70er und 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts, berichtet Franc Wakounig. Das alternative Treffen sollte zu einer Konstante werden, sagte Daniel Wutti. Der 10. Oktober sei ideologisch noch immer sehr problematisch. Dagegen müsse man Widerstand leisten, rebellieren. Es sprach auch Prof. Klaus Schönberger. Das offizielle Gedenken in Kärnten erinnere des Öfteren an eine Märchenstunde, so Schönberger.2

Vor seinem Haus, in dem die alternative 10. Oktober-Feier stattgefunden hat, wurde vom Hausherrn (Prof. Daniel Wutti) eine Ausstellung unter dem Titel „Wer gedenkt der Partisaninnen und Partisanen aufgestellt. Prof. Wutti ist Funktionär des Kärntner Partisanenverbandes. Damit reagierte Wutti auf die von der Stadtgemeinde angebrachte Gedenktafel mit dem traditionellen Text: „In diesem Hause wurde am 10. Oktober 1920 über die Freiheit Kärntens abgestimmt“. Die Position der Tito-Partisanen zur Volksabstimmung 1920 stimmt aber mit der österreichischen nicht überein.
Information zur Position der Partisanen zur Kärntner Volksabstimmung 1920:
Im Programm der Befreiungsfront (OF) vom 6.1.1942 wurde ungeachtet der Kärntner Volksabstimmung 1920 festgehalten, dass die unerbittliche Militäraktion gegen den Okkupator „den Ausgangspunkt für die Befreiung und Vereinigung aller Slowenen“ darstellt.3
Die Partisanen sind von einem „Plebiszit des Blutes4 ausgegangen: „Der dreijährige bewaffnete Kampf der Kärntner Slowenen ist ein Plebiszit des Blutes, das die unverfälschte Selbstbestimmung der Kärntner Slowenen ausdrückt“, so Karel Prušnik-Gašper.5 Franci Zwitter: „Über 40 Partisanengräber, über das Land verteilt, sprechen von diesem Plebiszit des Blutes“.6 Mit den Gräbern slowenischer Partisanen habe das slowenische Volk seine nationalen Grenzen mit Blut eingezeichnet.7 Mit dem Blut unserer gefallenen Partisanen ist die Frage Slowenisch-Kärntens in die Tagesordnung der Moskauer Konferenz eingezeichnet: „Es gibt keine andere Lösung als den Anschluss Slowenisch-Kärntens an die Föderative Volksrepublik Jugoslawien“.8 Die slowenischen Partisanen hätten laut Joško Tischler „mit dem Gewehr in der Hand“ abgestimmt.9 Die Partisanen haben das „ungerechte Plebiszit niemals anerkannt“, so  Franci Petek.10

Wuttis alternativer 10. Oktober erinnerte laut Franc Wakounig an die 70er und 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Die wiederverwendete, bedenkliche Originalgrafik (Donald Duck) der Kladivo-Gruppe, womit die demokratische Volksabstimmung 1920 geschmäht wird, leitete zu Beginn der 1970er Jahre eine konfrontative Phase in Kärnten ein.
Information zur Kladivo-Gruppe und zu den 1970er Jahren:
Kladivo“ war „eine ultra-linke Studentenzeitschrift“, eine „kommunistische Monatszeitschrift“. Die Kladivo-Gruppe wurde mit dem russischen Geheimdienst KGB in Verbindung gebracht: „Betrachten wir die Indizien, waren die potentiellen Drahtzieher des Bombenterrors in Kärnten prosowjetische Kräfte des jugoslawischen Geheimdienstes. Außerdem nähren Geheimdienstberichte den Verdacht, dass marxistisch-leninistisch und maoistisch orientierte slowenische Zellen, vor allem Studenten des „Kladivo“-Zirkels, die die Politik der Sozialistischen Republik Slowenien gegenüber der slowenischen Volksgruppe in Kärnten ablehnten, Kontakte zum KGB besaßen. Das bedeutet gleichzeitig, dass am Ende der Spurensuche Moskau stehen könnte, das mittels botmäßiger Handlanger die politische Entwicklung an einer Nahtstelle zwischen Ost und West zu destabilisieren suchte“, wird in der Studie Titos langer Schatten argumentiert.11
Linke spionierten schon vor dem Kalten Krieg für Moskau.12 Heute sind Putins russische Einflussagenten („Illegale“) im Westen wieder stärker mit Desinformationen und Propaganda-Kampagnen aktiv. Deutsche Nachrichtendienste warnen vor russischer Sabotage. Man sei bisher der zunehmenden Sabotage, der Spionage, der Zersetzung und der Desinformation nicht gewachsen.13 Die „Illegalen“ wirkten laut den deutschen Sicherheitsbehörden wie die netten, freundlichen Nachbarn von nebenan. Andere seien Studenten, besuchten Universitäten oder würden als Wissenschaftler arbeiten.14 Die Vergangenheit wird immer wieder auch als politische Waffe genutzt.  Ljiljana Radonic: „Verfälschte Darstellungen von Vergangenem gefährden Frieden, Freiheit, Demokratie von heute“.15

Kärnten und der Alpen-Adria-Raum sind ideologisch weiterhin tief gespalten und werden von Minderheitenproblemen belastet. Kärnten stand bereits in den 1970er Jahren am Rande eines Bürgerkrieges. Einflussagenten wittern bei uns daher eine besondere Chance, mit verfälschenden Darstellungen der Vergangenheit die demokratische Ordnung zu destabilisieren. Junge Aktivisten, die in den 1970er und 1980er Jahren mit Ostdiensten kooperierten, sind heute zwischen 60 und 70 Jahre alt. Ehemalige Mitarbeiter des slowenisch-jugoslawischen Geheimdienstes sind heute mitbestimmender Teil der Kärntner Gesellschaft.16

Am 19.10.2024 fand in Tratten (Cingelc) bei Ferlach die Veranstaltung „Guten Abend, Nachbar“ statt. „Selbstverständlich waren dazu die Vertreter der Gemeinde und des öffentlichen Lebens mit dem Bürgermeister an der Spitze eingeladen. Sie kamen nicht. Niemand von ihnen hat sich entschuldigt“, berichtet Franc Wakounig in der slowenischen Presse.17
Reagierte die Ferlacher Öffentlichkeit damit auf die Provokationen des alternativen 10. Oktober?

Das destruktive Ferlacher Beispiel lässt erahnen, mit welchen Schwierigkeiten jene zu rechnen haben, die im Jahr der Kärntner Erinnerungskultur 2025 an einer Friedensregion Alpen-Adria arbeiten wollen.

 

 

 

1 Postwurfsendung, Privatarchiv.

2 Novice, 18.10.2024, S. 4.

3 Tamara Griesser-Pečar, Das zerrissene Volk Slowenien 1941-1946, Böhlau Verlag 2003, S. 148.

4 Kärnten. Eine Information, Sonderdruck der Oktobernummer 1974 der Zeitschrift „Die Kärntner Landsmannschaft“, Klagenfurt 1974, S. 3 ff.

5 Slovenski vestnik, 30.10.1947.

6 Slovenski vestnik, 7.9.1973.

7 Slovenski vestnik, 20.11.1948.

8 Slovenski vestnik, 28.3.1947.

9 Slovenski vestnik, 28.4.1947.

10 Slovenski vestnik, Wien, 31.1.1947.

11 Titos langer Schatten, S. 17, 163, 227.

12 Michael Jungwirth, Als die Linke für Moskau spionierte, mit Bezug auf das Buch „Der Wiener Spionagezirkel“ (Autor: Thomas Riegler), in: KZ, 4.11.2024, S. 9.

13 KZ, 17.10.2024, S. 4, 5; Autor: Ronald Schönhuber.

14 https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/russland-spione-de…, 12.6.2024.

15 Kronen Zeitung, 17.10.2024, S. 44. Ljiljana Radonic, „Verfälschte Darstellungen von Vergangenem gefährden Frieden, Freiheit, Demokratie von heute“.

16 In diesem Kontext wird ausdrücklich festgehalten, dass für Prof. Daniel Wutti auch im Hinblick auf sein Alter die Unschuldsvermutung gilt.

17 Novice, 25.10.2024, S. 17.